Wo es sich am besten essen, einkaufen und staunen lässt.
Direktflug mehrmals pro Woche ab Genf, Flugzeit ca. 100–120 min.
1 Casa del Brodo dal Dottore
Via Vittorio Emanuele, 175, 90133 Palermo
Tel. +39 091 321 655
www.casadelbrodo.it
Urtypische, vor allem von Einheimischen besuchte Trattoria mit authentischer sizilianischer Hausmannskost.
2 Osteria Ballarò
Via Calascibetta, 25, 90133 Palermo
Tel. +39 091 326 488
www.osteriaballaro.it
Slow-Food-Osteria in den ehemaligen Stallungen des Palazzo Cattolica; hier wird ausschliesslich mit sizilianischen Produkten gekocht.
3 Osteria dei Vespri
Piazza Croce dei Vespri, 6, 90133 Palermo
Tel. +39 0 916 171 631
www.osteriadeivespri.it
Gehobene sizilianische Küche im Erdgeschoss des Palazzo Gangi. Tolle Weinauswahl.
4 Buatta Cucina Popolana
Via Vittorio Emanuele, 176, 90133 Palermo
Tel. +39 091 322 378
www.buattapalermo.it
Traditionelle Gerichte aus der sizilianischen Volksküche mit besonderem Fokus auf die Auswahl lokaler und saisonaler Zutaten.
5 Gagini Social Restaurant
Via dei Cassari, 35, 90133 Palermo
Tel. +39 091 589 918
www.gaginirestaurant.com
Raffinierte Gourmetküche, aber dennoch unverkennbar sizilianisch.
6 Franco u Vastiddaru
Via Vittorio Emanuele, 102, 90133 Palermo,
Tel. +39 091 325 987
Authentisches Palermo-Streetfood, unbedingt «Pani câ meusa» probieren!
7 Dainotti's Apericapo
Via Porta Carini, 45, 90134 Palermo
Tel. +39 3 408 703 497
Nebst typischem Streetfood gibt es hier die besten «crocchè» der Stadt.
8 Bocum Mixology
Via dei Cassari, 6, 90133 Palermo
Tel. +39 091 332 009
www.bocum.it
Vom Gambero Rosso als beste Cocktailbar Siziliens ausgezeichnet und als eine der besten Italiens.
9 Mercato Ballarò
Piazza Carmine, 90134 Palermo
Wo das wahre Herz der Stadt schlägt: Hier kaufen die Palermitaner am liebsten ein.
10 Mercato del Capo
Via Cappuccinelle, 90138 Palermo
Grossartiges Angebot an sizilianischen Delikatessen und viel Streetfood.
11 Pasticceria Costa
Via Maqueda, 174,
90133 Palermo
Tel. +39 0 919 807 927
www.pasticceriacosta.com
Alles, was Sizilien an süssen Sünden zu bieten hat.
12 I segreti del Chiostro
Piazza Bellini, 2, 90133 Palermo
In dieser seit Jahrhunderten von den Schwestern des Klosters Santa Caterina betriebenen Konditorei gibt es die vielleicht besten Cannoli von Palermo.
13 Eurostars Centrale Palace
Via Vittorio Emanuele, 327, 90134 Palermo,
Tel. +39 0 918 539
www.eurostarshotels.de/eurostars-centrale-palace
Nächtigen in den Gemäuern eines ehemaligen Palazzo – an perfekter Lage im Herzen der Altstadt.
14 Palazzo Reale
Piazza Indipendenza, 1, 90129 Palermo
www.ars.sicilia.it/visita-il-palazzo-reale Prachtvoller Königspalast mit imposanter Kapelle; ist gleichzeitig Sitz des sizilianischen Parlaments.
15 Santa Maria Dello Spasimo
Via Dello Spasimo, 10, 90133 Palermo
Geheimtipp: Diese öffentlich zugängliche Ruine einer gotischen Kirche (das Dach fehlt komplett) st ein fast magischer Ort mit einer unbeschreiblichen Atmosphäre.
Am 1. April 1787 traf Johann Wolfgang von Goethe im Zuge seiner «Italienischen Reise» in Palermo ein. Einige Tage darauf notierte er: «Italien ohne Sizilien macht gar kein Bild in der Seele: Hier ist erst der Schlüssel zu allem.» Denn Sizilien, das ist Italien als Konzentrat – dichter, intensiver, brodelnder, heisser, lauter, aber auch komplexer: Seit Anbeginn ihrer Geschichte war die Insel der Ort, wo sich die europäischen, afrikanischen und arabischen Kulturen kreuzten, sich vermischten und ihre Spuren in die gemeinsame Geschichte einschrieben. Phönizier, Griechen, Römer, arabische Emire, normannische Ritter, staufische Kaiser und die Spanier herrschten hier und hinterliessen Tempel, Kirchen, Paläste, Strassen und Häfen als Zeichen ihrer Anwesenheit. In dieser Schnittstelle zwischen Orient und Okzident, diesem faszinierenden Schmelztiegel, waren Immigration und kultureller Austausch stets pulsierendes Herz und zivilisatorischer Motor und galten nie als Bedrohung. Das ist bis heute so geblieben, etwa, wenn sich Leoluca Orlando, der Bürgermeister von Palermo, offen gegen Rom und damit gegen Matteo Salvini und dessen Einwanderungspolitik stellt. Aber so ist Palermo: eigenwillig, stolz und zuweilen etwas widerspenstig – Sizilien im Kleinformat. Die sizilianische Hauptstadt mit ihren 655000 Einwohnern ist nur schwer greifbar; wenn, dann am ehesten durch ihre Widersprüche. Prunk und Verfall, Vitalität und Melancholie, Glanz und Elend brodeln hier stetig zur selben Zeit. Schwelgerischer Barock und prächtige Renaissancearchitektur – etwa bei der zentralen Kreuzung Quattro Canti, wo sich die zentralen Verkehrsachsen Corso Vittorio Emanuele und Via Maqueda kreuzen, oder bei der überwältigend schönen Fontana Pretoria – wechseln sich ab mit russgeschwärzten Mauern, graffitigesäumten Gassen, Müllbergen und zerfallenen Fassaden.
Quattro Canti, die berühmteste Kreuzung der Stadt
Über der ganzen Stadt scheint diese Patina zu liegen, noch mehr aber die Geister der Vergangenheit. Denn wer sich entschliesst, nach Palermo zu reisen, sieht sich immer auch mit Ressentiments konfrontiert. Stichwort Mafia: Die Zeiten Anfang der 1980er-Jahre, als kaum eine Woche ohne spektakuläre Mordfälle verging und sich der Kampf gegen die Cosa nostra zu einem offenen Krieg wandelte, sind längst passé, mittlerweile gehört Palermo nicht einmal mehr zu den 15 kriminellsten Städten des Landes. Die Mafia ist weitgehend abgetaucht, ist so gut wie unsichtbar geworden. An vielen Geschäften der Stadt hängt eine Plakette, mit der man selbstbewusst verkündet, kein Schutzgeld zu zahlen. Es geht bergauf, nicht erst, seit Palermo im letzten Jahr Europäische Kulturhauptstadt war – man putzt sich heraus, einst völlig marode Viertel erwachen zu neuem Leben, neu geschaffene Fussgängerzonen entreissen die Strassen dem legendär chaotischen Verkehr. Was man sich als Autofahrer wirklich nicht freiwillig antun sollte, hat aber durchaus seinen Reiz, wenn man sich dieser geduldeten Anarchie während einer Fahrt in einer Ape Calessino aussetzt (zahlreiche Anbieter findet man z.B. auf Tripadvisor).
Nichtsdestoweniger lässt sich Palermo am besten zu Fuss erkunden, (besonders im milden Winter, wenn die Gassen nicht mit Touristen überfüllt sind). Über die oben erwähnten Hauptachsen erreicht man in kürzester Zeit die wichtigsten Sehenswürdigkeiten wie Palazzo Reale, Teatro Massimo oder die Kathedrale Maria Santissima Assunta. Egal zu welcher Jahreszeit findet in Palermo ein Grossteil des Lebens öffentlich statt, denn nichts läge den Palermitanern ferner, als ein Rückzug ins Private, dazu sind sie viel zu offen, zu leutselig, zu kontaktfreudig. Wer etwa mit Einheimischen unterwegs ist, bleibt nie lange allein, alle paar Meter ein bekanntes Gesicht, und immer ist Zeit für ein Schwätzchen. Überschwänglich und voller Begeisterung schrieb auch Goethe: «Nun vom Mittagsessen ans Fenster! Auf die Strasse!» Mit dem Unterschied, dass es heute heisst: «Zum Mittagessen auf die Strasse!», denn Palermo gilt als eine der Hauptstädte des Streetfood. Auch diese Tradition ist wie die sizilianische Küche als solche eine authentische Verschmelzung diverser Esskulturen zu etwas Neuem. Von unverkennbar orientalischem Einfluss zeugen etwa die «panelle», knusprige, im Fett ausgebackene Fladen aus Kichererbsenmehl oder auch mit Minze verfeinerte «crocchè», also Kartoffelkroketten. Leichte Kost ist dieses Strassenessen allerdings selten; vieles ist frittiert, aber deshalb leider auch oft unwiderstehlich gut!
An Bord einer Ape Calessino, inmitten des Verkehrschaos von Palermo
Auf dem Capo-Markt: Hier versorgt sich ein Grossteil der Palermitaner mit Lebensmitteln, Supermärkte spielen eine eher untergeordnete Rolle.
Saft-Verkäufer auf dem Capo-Markt
Unverzichtbar sind die berühmten «arancine», goldgelb ausgebackene Reisbällchen, meist gefüllt mit ragù und Erbsen; und natürlich die «sfincione», köstlich gewürzte Pizza mit dickem Boden. «Nose-to-Tail»-Freunde finden ihr Glück in Gestalt von «Pani câ meusa», also Milz und Lunge vom Kalb, gegart im eigenen Schmalz und mit vielen Gewürzen, serviert in einem knusprigen Brötchen, nach Wunsch «verheiratet» mit geriebenem Caciocavallo-Käse oder Ricotta – es gibt nichts Besseres zu einem kühlen Bier!
Authentisches Palermo-Streetfood bei «Franco u Vastiddaru»
Streetfood wird allerdings auch als Antipasti in Restaurants serviert, beispielsweise im «Buatta», wo man hinterher unbedingt «Anelletti al forno» bestellen sollte, eine typische Spezialität der Stadt, bei der kleine, ringförmige Teigwaren mit ragù im Ofen gebacken werden und als betörend duftendes Türmchen auf den Teller gelangen – aussen mit knuspriger Kruste, innen perfekt al dente gegarte Pasta, gewandet in höchstaromatischem Fleischsugo. Das vielleicht sizilianischste aller Pastagerichte ist und bleibt allerdings «Bucatini con le sarde», wo Sardinen, Rosinen, Pinienkerne, wilder Fenchel und Safran zu einer unverkennbaren Sinfonie an Düften, Aromen und Texturen verschmelzen: ölig, salzig, süsslich, bitter, nussig, erdig, wildwürzig, ätherisch, kräuterig, herb, alles zugleich, Sizilien auf der Gabel, Sizilien auf der Zunge, Sizilien überall. Um diese Erfahrung zu komplettieren, geniesst man die Bucatini am besten in der «Casa del Brodo dal Dottore», diesem Idealbild einer urtypischen Trattoria, die so sehr aus der Zeit gefallen scheint, dass man es fast für nostalgischen Kitsch halten könnte, wären da nicht Massen von Einheimischen, die hier speisen, sodass einem bald klar wird: Das ist das echte, authentische Palermo – vom kolossalen Antipastibuffet bis zur vergilbten Speisekarte, auf die dann doch kein Verlass ist, und man sich blind auf den Kellner verlässt und zum Dank mit der absolut besten Frittura von frischen Babycalamari belohnt wird. Doch auch Restaurants moderneren Zuschnitts gibt es in der Stadt zuhauf. In den ehemaligen Stallungen des Palazzo Cattolica befindet sich die «Osteria Ballarò», die sich ganz und gar der Slow-Food-Philosophie, sprich genussvollem, bewusstem und regionalem Essen verpflichtet hat und nur saisonale Zutaten aus Sizilien verwendet. Da lohnt sich der Besuch nur schon wegen dieser einen Vorspeise, leicht geräucherte Sardinen auf getrockneten Tomaten und Büffel-Burrata mit gerösteten Brotsplittern «alla carrettiera», also mit Knoblauch und Olivenöl. Weil gerade frisch erhältlich, folgen darauf Spaghettoni an einer cremigen, vor Umami nur so strotzenden Seeigel-Tomaten-Sugo mit Vongole – und es stimmt einfach alles: Pasta mit perfekter Textur und der unverfälschte Wohlgeruch des Meeres in jedem Bissen.
«Bucatini con le sarde» in der «Casa del Brodo»
Streetfood-Antipasti im «Buatta»
Was könnte ein sizilianisches Festmahl besser beenden als ein Stück Cassata? Diese äusserst reichhaltige Biskuittorte mit Ricotta und kandierten Früchten fehlt auf kaum einer Speisekarte und ist auch in der Osteria Ballarò unbedingt zu empfehlen. Apropos dolci: Es waren die von 901 bis 1072 auf der Insel herrschenden Araber, die ihr Faible für Süsses mitbrachten; was später in die Verantwortung der Klöster fiel, da die Ordensleute quasi ein Monopol auf die Herstellung von Süssigkeiten (deren Genuss ein Privileg von Adel und Klerus war) hatten. Jedes Kloster hatte seine Spezialität. Beim mitten in der Stadt gelegenen Kloster Santa Caterina sind es die «Cannoli», knusprig frittierte Teigröllchen mit einer sündhaft guten Füllung aus süsser Ricottacreme, Kakao, Schokoladenstückchen und kandierten Früchten. Für viele Palermitaner sind das die Cannoli aus den Erinnerungen, an die Kindheit, als man mit den Eltern vor den verschlossenen Pforten der Klosterbäckerei stand und sich dann dieses winzige Türchen öffnete und den Duft frischen Gebäcks freigab. Der Duft von versteckten Orten, der Duft von Süssigkeiten. Kleine Kunstwerke, Zeugen eines Lebens, das ausschliesslich von Frauen innerhalb der Mauern eines Klosters gelebt wird. Seit 2014 sind sowohl das Kloster als auch die Bäckerei wieder für die Öffentlichkeit zugänglich.
Tradition seit Jahrhunderten: Die besten Cannoli gibt es im Kloster Santa Caterina.
Altes bewahren und erneuern, das geschieht in Palermo an jeder Ecke. So auch beim Palazzo Gangi-Valguarnera, vielen bekannt als Kulisse für die Ballszene in Luchino Viscontis «Der Leopard», der seit einigen Jahren ein hervorragendes Restaurant beherbergt, die «Osteria dei Vespri». Hier gibt es nicht nur gehobene Küche und eine riesige Weinkarte; wer im Januar einkehrt, hat Glück, denn es ist die Saison für schwarze und weisse (Tuber borchii) Trüffeln, aus den nahe gelegenen Hybläischen Bergen. Tagliolini freschi in Butter geschwenkt und dann eine ordentliche Portion darübergehobelt und ein paar hauchdünne Scheiben EierBottarga, buonissimo! So simpel kann Luxus sein.
Palermo versteckt auch seine Ruinen nicht: Santa Maria Dello Spasimo ist heute ein einzigartiger Ort für kulturelle Veranstaltungen
Darf es doch etwas komplexer, etwas ideenreicher sein? Dann nichts wie hin zum alten Hafen, «La Cala», wo es in einer unscheinbaren Seitenstrasse im «Gagini» sizilianische Klassiker als kreative Neuinterpretationen gibt. Der kulinarische Einfallsreichtum von Chefkoch Gioacchino Gaglio scheint grenzenlos, etwa wenn er Tintenfisch in Form von Tagliatelle mit Spargelcreme und gerösteten Haselnüssen serviert. Nichtsdestoweniger sind es palermitanische Gerichte: Sepia mit Mandelcreme, gefüllt mit geröstetem Brot und Schafskäse, leicht mit Zitrone parfümiert. Auch den «panelle» erweist er seine Referenz, wenn er sie zu knusprig gegrilltem Oktopus und im Mund zerplatzenden «sphärischen» Oliven reicht. Und dann dieses herrlich erfrischende Scampitatar mit kandierten Zitronen und Basilikum und Seetang-Tapioka-Chip! Die eigenwillige Dekoration, eine dünne Schicht essbaren Silbers, ist jedoch des Guten zu viel. Höhepunkt des Menüs ist aber zweifelsohne die perfekt gebratene Jungtaube mit Rande, Waldfrüchten sowie herrlich süss geschmorten und dann gegrillten Zwiebeln, «il bosco», so der passende Name. Und am Ende geht es vom Wald zurück in die Backstube: Cannolo, dekonstruiert – aber besser als im Kloster? Ja. Nein. Fast. Anders – unentschieden. Tradition versus Erneuerung, das muss kein Gegensatz sein, zumindest nicht in Palermo.
Kreative Terroir-Küche findet man auch auf Sizilien: Tauben-Gericht im «Gagini»
Der Abschluss eines sizilianischen Festmahls wäre undenkbar ohne ein Glas Amaro. Amaro, das ist der typisch italienische Magen- oder Kräuterbitter, der besonders in Sizilien sehr beliebt ist. Der ursprünglichste aller sizilianischen Amaros ist und bleibt Averna. Sein geheimes Rezept wurde – so besagt es jedenfalls die Legende – zuerst von den Benediktinern aus Abbazia di Santo Spirito erfunden und dem Textilkaufmann Don Salvatore Averna aus Dankbarkeit für sein Engagement in der Gesellschaft 1868 übergeben. Auch heute noch wird das Rezept streng geheim gehalten und seit vier Generation von der Familie gehütet. Der Geschmack von Averna ist weich, mild und süss und von einer unverwechselbaren Aromatik: Nuancen von Zitronen, Bitterorangen und jede Menge mediterrane Kräuter. Averna wird, so wie jeder andere Amaro, traditionell nach dem Essen als Digestif getrunken, er ist aber auch als Aperitif auf Eis mit Soda beliebt. Besonders gut zur Geltung kommt dieser Amaro, wenn man ihn regelrecht als Ritual zelebriert: auf Eis und vermischt mit mediterranen Kräutern wie Rosmarin, Salbei, Minze oder Thymian. Wer möchte, kann dann noch eine Scheibe Zitrone oder Orange hinzufügen. Alla salute!