Schon beim Wort Bowle werde ich nostalgisch: Da erstehen vor meinem geistigen Auge die siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts mit den Gartenpartys von anno dazumal. Und natürlich gehörte dazu eine Bowle. Social Distancing war noch ein halbes Jahrhundert entfernt und die Röcke, die Musik und die Frisuren, alles war noch so unschuldig... Und die Bowle hat überlebt, sie gehört einfach zum Sommer! Nur ein paar wenige Dinge muss man richtig machen, sonst schwimmen nur graue, matschige Erdbeeren in einer wässrigen Flüssigkeit. Und das war schon damals ein Partykiller.
Was ist also wichtig und zeitlos? Erstens das Gefäss: Bowl ist englisch und heisst Schüssel. Sie kann nicht gross genug und natürlich muss sie aus Glas sein. Dann sieht man die schönen farbigen Früchte, die frischen Kräuter und die prickelnde Kohlensäure so schön funkeln und strahlen. Das gilt auch für die Trinkgläser, am besten gross und bauchig, dann leuchtet in der Hand ein kleines Fest.
Zweitens die Früchte: Der Sommer bietet sie in aller Fülle. Und keine ist falsch. Natürlich alle Beeren: Erd-, Him-, Brom-, Johannisbeeren. Dann die Früchte: Pfirsich, Aprikosen, Melonen. Nur frisch müssen sie sein. Dosenpfirsiche wie in den nostalgischen Siebzigern sind heute nur noch ein Graus. Und frisch heisst auch, frisch zubereitet: Höchstens ein, zwei Stunden vorher mit Zucker bestreuen oder in einen Likör einlegen, sonst sind die grauen, matschigen Erdbeeren programmiert.
Drittens die Kühlung: Gibt man Eiswürfel in die Bowle, so schmelzen die langsam, aber sicher und verwandeln die schön duftige Bowle in langweiliges Schmelzwasser. Ein Tipp: Man kann Fruchtsäfte (ja sogar Früchte) im Eiswürfelgefäss tief gefrieren und dann in die Bowle geben oder ein spezielles Bowlen-Ei mit Crushed Ice füllen und in die Bowle hängen. Und viertens, der Prickel: Natürlich muss die Bowle prickeln. Mineralwasser, Sekt, Prosecco alles kommt erst im letzten Moment hinein. Und nur ganz vorsichtig, ohne oder fast ohne zu rühren. Sonst verfliegt die schöne Kohlensäure schon vor dem Servieren. Die Flaschen hat man natürlich vorher im Kühlschrank oder im Eisfach richtig heruntergekühlt. Ah ja, und fünftens, trotz allem: Wir halten Social Distancing ein.
Annemarie Wildeisen: Mich interessiert natürlich noch, was du für einen Wein für deine Bowlen wählst.
Beat Koelliker: Also grundsätzlich sollte der Wein zu den Früchten passen: Zu einer Pfirsichbowle würde ich zum Beispiel einen Riesling nehmen, da in seiner Aromatik auch Pfirsichnoten mit anklingen. Sonst eher einen etwas neutralen Weisswein, einen Weissburgunder etwa oder einen einfachen Chasselas.
Und wie hältst du’s mit dem Rosé?
Rosé kann in einer Bowle sehr attraktiv sein. Vor allem, wenn man dazu noch schöne rote Früchte wählt, etwa Himbeeren oder Wassermelone. Aber auch zusammen mit Rosenblättern macht sich ein Rosé ausgesprochen dekorativ.
Mit den Rosenblättern bringst du mich gleich zur nächsten Frage: Kräuter. Meiner Meinung nach gehören in eine Bowle auch Kräuter. Sie können wie die Rosenblätter optisch sehr schön sein, aber auch geschmacklich die Bowle entscheidend mitprägen.
Da hast du natürlich recht. Was wäre eine Erdbeerbowle ohne ein paar Blättchen Pfefferminze, Basilikum oder Zitronenmelisse. Auch da darf die Fantasie natürlich spielen. Wunderbar ist beispielsweise auch die Kombination Aprikosen mit Rosmarin.
Wenn wir schon beim Experimentieren sind. Kannst du dir auch eine Bowle aus etwas anderem als Früchten vorstellen?
Du weisst, ich bin immer offen für Neues und Ungewohntes. So kann ich mir sehr gut auch eine Bowle mit Gurken und Dill vorstellen. Nur würde ich dann als Wein einen Grünen Veltliner wählen, der in seinem Duftstrauss auch diese Aromen enthält. Sicher muss der Wein trocken sein.
Und eine Bowle mit Rotwein?
Klar gibt es auch dies, Stichwort Sangria. Nur damit kommen wir in eine ganz andere Welt, sowohl geschmacklich wie geografisch.
Gut, lassen wir das. Wie stark darf denn eine Bowle sein? Immerhin, es ist Sommer und heiss. Der Wein ist kühl und süffig. Das ist doch eine gefährliche Mischung.
Stimmt. Viele Rezepte sagen: Weisswein und Sekt mischt man etwa halbe-halbe. Ich meine, man kann sehr gut einen Drittel Weisswein, einen Drittel Sekt und einen Drittel Mineralwasser nehmen. Einige legen die Früchte auch in Likör ein. Wenn man das macht, sollte man den Likör nur ganz sparsam als Aromazutat verwenden, sonst verliert die Bowle ihre sommerliche Leichtigkeit und wird schwer und dick.