Meistens verhält es sich bei Klassikern so: Je ikonischer das Gericht, um so mehr Legenden ranken sich darum. Beim Wie- ner Schnitzel ist das nicht anders. Am Anfang steht eine Kränkung, denn vieles spricht dafür, dass dieses wienerischste aller Wiener Gerichte gar nicht in Wien erfunden wurde. Beginnen wir mit den offensichtlichsten Unterschieden: Ein «echtes» Wiener Schnitzel besteht aus Kalbfleisch aus der Oberschale oder Nuss, wird sehr dünn geklopft, gesalzen, in Mehl, Eiern und Paniermehl gewendet und dann gebraten. Das Schnitzel muss schwimmen, und zwar in so viel Fett, dass es untergeht, wenn man draufdrückt! Schweineschmalz oder Pflanzenöl kommen im Vokabular des Schnitzelpuristen nicht vor, Butterschmalz macht hier allein selig. Und wenn dann der grosse Moment kommt, und das Schnitzel in sein Bad gleitet, dann heisst es rütteln, rütteln, rütteln an der Pfanne, da nur durch die immerwährende Bewegung die Panade souffliert, sprich Wellen schlägt und sich vom Fleisch löst. So will`s die Tradition. Weniger filigran wirkt hingegen die Cotoletta alla milanese, denn hier handelt es sich um ein Kalbskotelett (von der Rippe, also mit Knochen, daher kein Schnitzel), das man paniert und in Butter brät. Die bekannteste Ursprungsgeschichte des Wiener Schnitzels handelt vom legendären Feldmarschall Graf Radetzky. Dieser soll im Jahr 1848/49 als Generalkommandant der österreichischen Armee bei seinem Italienaufenthalt auf das Mailänder Kotelett gestossen sein. Bereits im 12. Jahrhundert habe man dort das Fleisch auf diese Art zubereitet. Der begeisterte Feldmarschall brachte das Rezept dann nach Wien und Kaiser Franz Joseph soll davon nicht weniger begeistert gewesen sein. Eine hübsche Geschichte, leider mit einem winzigen Makel: Sie ist vermutlich frei erfunden. Gemäss dem Sprachwissenschaftler Heinz-Dieter Pohl sei diese Erzählung aus wissenschaftlicher Perspektive «belanglos, sie enthält keinerlei Quellenangaben und sie wird in der Literatur von und über Radetzky […] nicht erwähnt.» Es sei, so Pohl, sogar unwahrscheinlich, dass das Wiener Schnitzel überhaupt aus Italien übernommen wurde, denn sonst hätte man wie bei anderen «importierten Speisen» der österreichischen Küche immer den Originalbegriff beibehalten, wenn auch in eingedeutschter Form, etwa bei Gulasch oder Palatschinken. Ein eindeutiger Erfinder lässt sich somit – wie so oft – nicht ermitteln. Andere Theorien besagen sogar, dass die Mailänder ihre Spezialität von den Spaniern abgekupfert hätten und diese wiederum von den maurischen Eroberern und diese wiederum hätten die Idee aus Byzanz. Eindeutig beweisen lässt sich auch das freilich nicht …
Wiener Schnitzel
FÜR 4 PERSONEN
VORBEREITUNGSZEIT: 15 Minuten
KOCH-/BACKZEIT: 5 Minuten
4 grosse Kalbsschnitzel, aus der
Kalbsschale geschnitten, je ca. 150 g
schwer und ca. 5 mm dick
150 g Mehl 300 g mittelfeines Paniermehl
4 grosse Eier
Salz
4 Sardellenfilets
4 Kapern
4 Zitronenscheiben
reichlich Bratbutter oder Schweineschmalz oder ca. 5 dl Pflanzenöl
1 Die Kalbschnitzel zwischen Klarsichtfolie oder einem aufgeschnittenen Gefrierbeutel gleichmässig dünn klopfen. 2 Mehl und Paniermehl jeweils separat auf
2 grosse Teller oder Platten geben. Die Eier in einem tiefen Teller oder in einer weiten Schüssel nur leicht verquirlen; die Masse soll glatt, aber nicht ganz gemischt sein.
3 Die Schnitzel beidseitig mit Salz würzen. Die Schnitzel zuerst im Mehl wenden, dieses gut abklopfen, dann durch das Ei ziehen und zuletzt im Paniermehl wenden, dabei die Panade möglichst nicht andrücken, sonst wirft diese beim Ausbacken keine Blasen.
4 Für die Garnitur die Kapern in die Sardellenfilets einrollen und auf die Zitronenscheiben setzen.
5 Etwa 1 cm hoch Fett in einer grossen Bratpfanne auf etwa 160 Grad erhitzen. Die Schnitzel nacheinander schwimmend im heissen Fett auf jeder Seite etwa 30 Sekunden ausbacken. Zum Abtropfen auf Küchenpapier geben. Anschliessend mit der Garnitur belegen und sofort servieren.
Dazu passen Kartoffelsalat oder Petersilienkartoffeln mit Gurkensalat.
Pro Portion 52 g Eiweiss, 67 g Fett, 67 g Kohlenhydrate; 1091 kKalorien oder 4549 kJoule