Spaghetti, Weiss- oder Ruchbrot, Spätzli, Reis oder Polenta, das kannten wir in meiner Kindheit. Aber Quinoa? Zu exotisch, nie gehört und schon gar nicht gegessen. Meine Mutter hat zwar regelmässig mit Hirse und einige Male mit Buchweizen experimentiert, was bei uns keine Begeisterungsstürme auslösen konnte. Meistens gab es hierzulande die viel beliebteren Lebensmittel aus Weizen und das Wort glutenfrei war keineswegs in aller Munde, sondern den meisten Menschen gänzlich unbekannt.
Tatsächlich gehörte (und gehört noch heute) Weizen, zusammen mit Mais und Reis, zu den wichtigsten Grundnahrungsmitteln der Menschheit. Die Kultivierung und Züchtung der Weizenarten begann vor rund 10 000 Jahren in Mesopotamien. Von dort verbreitete er sich nach ganz Asien und Europa und später in alle Welt. Doch die Pflanze ist anspruchsvoll, stellt hohe Anforderungen an Klima und Boden und ist wenig resistent gegen Krankheiten und Schädlinge. Ganz anders die alten Getreidesorten: sie sind genügsamer und benötigen weniger Schädlingsbekämpfungsmittel und Kunstdünger. Im Vergleich zu modernen Weizensorten werden jedoch auch tiefere Erträge erwirtschaftet. Auf derselben Fläche erntet ein Bauer mit Urdinkel anstelle von Weizen etwa ein Drittel bis die Hälfte. Dafür erzielt er mit dem Anbau alter Sorten aufgrund der höheren Nachfrage bessere Preise und macht so die geringeren Erträge wieder wett.
Die Verwendung von Urgetreiden ist aber auch für die Gesundheit sinnvoll. Neben bewährten Sorten wie Reis, Weizen oder Hafer liegen vor allem die von den Ernährungsfachleuten als eigentliche «Superkörner» bezeichneten uralten Sorten wie Quinoa oder Amarant im Trend. Beide Sorten stammen aus Südamerika und gehören nicht zu den eigentlichen Getreidesorten, sondern zu den Fuchsschwanzgewächsen, weshalb sie auch Pseudogetreide genannt werden. Quinoa, auch Reismelde genannt, kommt aus Südamerika und ist mit Spinat verwandt. Kombiniert mit herkömmlichen Getreidesorten sorgen beide Pseudogetreide besonders bei vegetarisch oder vegan essenden Personen für eine optimale Proteinversorgung. Sowohl Amarant als auch Quinoa enthalten mehr Eisen als Fleisch. Zwar ist es schlechter verfügbar als tierisches Eisen, doch die Aufnahme kann in Kombination mit Vitamin-C-haltigen Getränken und Lebensmitteln wie etwa Orangensaft oder Peperoni verbessert werden. Die senfkorngrossen Quinoakügelchen schmecken leicht nussig und müssen vor dem Kochen gewaschen werden, um etwaige Rückstände der bitteren Schutzsubstanz Saponin zu entfernen. Allerdings hat die grosse Nachfrage nach Quinoa auch Schattenseiten, etwa den Anbau riesiger Monokulturen im Süden Boliviens und die dadurch bedingte Verdrängung der Lamas. Es wäre wünschenswert, wenn der Quinoaanbau in Zukunft nachhaltiger stattfinden würde.
Eine gute einheimische Alternative sind etwa Hirsekörner. Auch sie sind glutenfrei, müssen vor dem Kochen abgespült werden und liefern viele positive Inhaltsstoffe wie Silizium für schöne Haare und Haut. Die Quinoarezepte in diesem Heft schmecken übrigens ausgezeichnet. Ich habe sie, zusammen mit meinen sehr nachhaltig denkenden Kindern, sowohl mit Quinoa als auch mit Hirse nachgekocht – und die Begeisterungsstürme blieben bei beiden Varianten nicht aus.