Warum sich unser Reiseredaktor Nicolas Bollinger ernsthaft über - legt, diesen Winter für einmal in Skandinavien zu verbringen.
Der Mensch ist bekanntlich ein Gewohnheitstier. Eine gewisse Routine stellt sich dann auch irgendwann beim Reisen ein – was mir an mir selbst besonders im Winter aufgefallen ist. Die Devise lautete und lautet nach wie vor «südwärts!»: Als Kind mit den Eltern ging es wie selbstverständlich zum Skifahren ins Wallis; und als ich meine heutige Frau kennenlernte, entbrannte nicht nur die Liebe zu ihr, sondern auch die Liebe zur Provence, sodass wir bis heute die Winter bevorzugt dort verbringen. Das wird sich wohl nicht so schnell ändern, denn nie ist die Provence schöner als dann: dieses erhabene Gefühl von Entschleunigung, Ruhe, Musse und Abgeschiedenheit – unvergleichlich! Wirklich? Denn die raue Schönheit des hohen Nordens bietet genau das ebenfalls; und zwar im Überfluss! Ein urgemütliches Blockhaus in den unendlich scheinenden, tief verschneiten Wäldern Lapplands oder eine Fischerhütte in der spektakulären Inselwelt der Lofoten – drinnen knistert das Kaminfeuer und draussen erstrahlt majestätisch das Nordlicht. Viel entspannter, behaglicher, Pardon, hyggelig geht es wohl kaum! Daher: Vielleicht sollte ich meine liebgewonnenen Gewohnheiten im nächsten Jahr für einmal ruhen lassen, sodass es im Winter für einmal heisst: «nordwärts!»
Dieser Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit Kontiki Reisen.
Die raue Wildnis Norwegens ist voller Sehnsuchtsorte – meist spektakuläre Naturkulissen, die ein einzigartiges Gefühl von Entrücktheit erzeugen. Doch selbst in diesem Kontext gebührt den Lofoten eine Sonderstellung: Diese verstreuten Inseln inmitten der sturmgepeitschten Gewässer des Europäischen Nordmeers, weit oberhalb des Polarkreises. Wie ein Aussenposten der Zivilisation inmitten der unberührten Wildnis. Das klingt nach einer beschwerlichen tagelangen Anreise, ist allerdings dank Direktflug kein Problem.
Das typische Erscheinungsbild der Lofoten ist geprägt von pittoresken Fischerdörfchen mit den traditionellen rot angestrichenen Fischerhütten, «Rorbu» genannt; und von schneebedeckten Gipfeln, die steil aus dem Meer ragen. Richtig zauberhaft wird es im Winter, wenn sich das Nordlicht über die Inseln legt: Dank der isolierten Lage mitten im Aurora-Gürtel gehören die Lofoten zu den besten Orten, um die «Aurora borealis» zu bewundern. Doch auch ohne dieses Phänomen wird es dem Besucher niemals langweilig. Dank des Golfstroms haben die Inseln ein viel milderes Klima als andere Orte auf dem gleichen Breitengrad, wie etwa Alaska und Grönland – selbst im Winter fallen die Temperaturen kaum je unter den Gefrierpunkt. Was gehört zu einem perfekten Lofoten-Erlebnis? Ein Rorbu als private Unterkunft garantiert eine einzigartige Atmosphäre mit fantastischer Aussicht; mit dieser Basis hat man nun die Qual der Wahl: Einfach die meditative Lebensweise des entrückten Insulander-Daseins geniessen oder aktiv die faszinierende Inselwelt erkunden – sei es mit Schneeschuhen durchs Hinterland, mit dem Motorboot auf Seeadler-Expedition, mit dem Kajak durch verschneite Fjorde oder mit dem Mietwagen durch malerische Dörfer. Auch Gourmets werden fündig, denn kulinarisch haben die Lofoten einiges zu bieten, allem voran der Skrei, der arktische Winterkabeljau. Einmal im Jahr wandert dieser zum Laichen in die Region; seine lange Reise lässt sein Fleisch besonders fest werden: Das weisse, milde Filet des Skreis ist dabei so zart, dass man nicht einmal ein Messer braucht, um die feinen Fasern zu zerteilen. Auf den Lofoten verwertet man gerne alle Teile des Fisches, ein heisser Tipp ist daher gebratene Kabeljauzunge, eine herrlich knusprige Delikatesse! Auch in Form von Stockfisch ist der Skrei quasi allgegenwärtig: Monatelang trocknet er im Freien auf Gestellen; die sanfte und salzige Küstenluft bietet genau die richtigen Mengen an Sonne, Regen, Schnee und Wind für die perfekte Fermentation.
In Finnisch Lappland ticken die Uhren anders. Gerade im Winter präsentiert es sich in seiner ganzen Ursprünglichkeit und Schönheit: tief verschneite, unendlich scheinende Weiten und vor allem: Stille.
Es klingt wie in einem Märchen: Inmitten der spektakulären Landschaft von Finnisch Lappland, 1,5 Stunden nördlich des Polarkreises, liegt vor den Toren des Pyhä-Luosto-Nationalparks ein kleines, idyllisches Holzhüttendorf. Seine 200 Einwohner nennen es «Luosto». Wahrlich märchenhaft mutet der kleine Ort vor allem im Winter an: Tief verschneit und inmitten einer unwirklich scheinenden Landschaft wirkt Luosto wie aus der Zeit gefallen – diese scheint gar fast stillzustehen, die Landschaft ruht vollkommen in sich; und über allem: Stille. Einzig durchdrungen vom Knacken eines Astes oder dem Knirschen des Schnees unter den Schuhen. Der Schnee, der alles umhüllt und die Tannen wie mystische Skulpturen erscheinen lässt. So schön ist Einsamkeit! Hier wird alles, was man normalerweise «Alltag» nennt, auf einen Schlag klein und unwichtig. Kein Wunder bei gerade mal zwei Einwohnern pro Quadratkilometer. Aber dennoch: In Luosto kehrt niemals Langeweile ein. Zur kleinen aber feinen Infrastruktur des beliebten Ortes zählen ein Lebensmittelladen sowie einige wenige Restaurants. Und natürlich typisch finnische Behausungen: Denn was gibt es Schöneres, als nach einem Tag im Schnee und in der klirrenden Kälte in ein gemütliches Blockhaus zu kommen und sich in der eigenen Sauna oder vor dem Cheminée aufzuwärmen? Die grandiose Natur am Fusse des Luosto-Fjälls und inmitten des Pyhä-Luosto-Nationalparks lässt sich auf verschiedenste Arten erkunden: mit den Schneeschuhen, während einer Huskytour, rasant mit dem Schneemobil oder mit den Langlaufski auf den kilometerlangen Loipen.
Zu den kulinarischen Highlights in Finnisch Lappland gehört auf jeden Fall eine Mahlzeit in einer «Kota», einer einfachen Grillhütte aus Holz, die meist mitten im Wald steht und den Samenzelten nachempfunden ist. Als die Samen noch nicht sesshaft waren, boten die Kotas ihnen Unterschlupf und Wärme. Heute sind Kotas mit ihren eingebauten Feuerstellen vor allem als Treffpunkt für Grillfeste sehr begehrt. Hier kommen vor allem Puristen auf ihre Kosten, denn die Finnen lieben den unverfälschten Grundgeschmack einer Speise: Lamm muss nach Lamm schmecken, und grundsätzlich das Rentier-Fleisch nach Lappland! Rentiere sind das unbestrittene Symbol dieser Gegend, und das aus gutem Grund – es gibt hier mehr Rentiere als Menschen! Rentierhaltung hat eine jahrhundertealte Tradition, und das Fleisch der Tiere ist ein wesentlicher Bestandteil der samischen Küche. Gebraten vom Grill oder als Geschnetzeltes mit Kartoffelpüree und frischen Preiselbeeren findet man es fast überall, doch es bleibt natürlich kein Teil des Rentiers ungenutzt: als Aufschnitt, Trockenfleisch, Hackfleisch und Würste ... In den Wäldern Lapplands wimmelt es von Wildtieren: Wildvögel wie Auerhahn, Moorschneehuhn und Birkhuhn, aber auch Wasservögel wie Stockenten sind begehrte Delikatessen während der Jagdsaison. Dasselbe gilt übrigens auch für die Könige des Waldes, Elch und Bär: Beide werden gegessen, der erste häufiger als der letztere.
Finnisch Lappland ist ausserdem wegen seiner sauberen und fischreichen Gewässer bekannt, deshalb ist es wenig überraschend ein beliebtes Reiseziel bei Anglern. Die berühmteste Spezialität aus der Gegend ist der finnische Flammlachs (fin. Leumulohi): Der Fisch wird wie früher auf einem Brett direkt an der Flamme eines offenen Feuers gegart und wird dank dieser einzigartigen Zubereitungsart saftig, zart und besitzt ein angenehmes Raucharoma. Puristisch, naturnah und wild – ein Gericht wie finnisch Lappland selbst.