Selbstgemachte Konfitüre? Eher nicht. Ich esse fast keinen Zucker und schon gar kein Brot mit Konfitüre. Aber ich liebe es, Konfitüre zu kochen, in hübsche Gläschen zu giessen und später im Vorratsschrank anzuschauen. Es macht mich unglaublich stolz, zu sehen, dass ich es schaffe, eine Konfitüre, ein Kimchi, ein Chutney oder eine Gemüsekonserve selber herzustellen. Auch liebe ich es, solche Erzeugnisse zu verschenken. Es gibt ja schliesslich Menschen, die Konfitüre lieben und sie nicht selber herstellen können. Ich werde somit garantiert sämtliche Einmachrezepte in diesem Heft nachkochen, korrekt anschreiben (mit Datum und Haltbarkeit) und vielleicht sogar selber essen. Dennoch möchte ich keineswegs darauf angewiesen sein, meine Lebensmittel komplett selber erzeugen zu müssen.
Meiner Meinung nach lässt sich das Rad der Geschichte nicht zurückdrehen und alle Rufe nach der guten alten Zeit sind teilweise eine Agrarromantik, die es so nie gegeben hat. Schliesslich erlaubt es die Lebensmittelindustrialisierung, sich ohne grossen Zeitaufwand überall und jederzeit aus einem grossen Sortiment an Lebensmitteln bedienen zu können. Beutelsalate etwa ermöglichen es auch Singles, rasch einen frischen Mischsalat zuzubereiten, ohne dafür fünf verschiedene Gemüse oder Salate einzukaufen. Auf der anderen Seite droht uns aber auch eine Verarmung an Kenntnissen, Traditionen, Techniken, wenn wir uns nur auf Industrie und Massentechnologie verlassen. Ich stelle immer wieder fest, dass viele Menschen den Bezug zu Nahrungsmitteln verloren haben, nicht mehr wissen, wie sie etwas zubereiten sollen und wie man hygienisch damit umgeht. Die Sorglosigkeit im Umgang mit Lebensmitteln ist besorgniserregend und das Wegwerfen industriell hergestellter Lebensmittel wird zu leicht gemacht. Sicherlich wird etwas zeitaufwendig selber Hergestelltes nicht so leichtfertig in den Abfall geworfen.
Es braucht wohl beides: den Erhalt der Techniken und Rezepte rund um die Küche und die Wertschätzung selbst hergestellter Lebensmittel, aber auch eine hohe Qualität in der Lebensmittelindustrie, die ihren Preis haben muss und darf.
Glücklicherweise sind heute viele industriell hergestellte Halbfertig- und Fertigprodukte besser als ihr Ruf. Denn die Nährstoffverluste sind nicht unbedingt höher als bei der Zubereitung im eigenen Haushalt. Dies gilt etwa für Konservendosen. Die bei Tagesanbruch geernteten Erbsen sind spätestens nach fünf Stunden fertig zubereitet in den Dosen. Zwar nimmt der Vitamingehalt bei der Sterilisation rapide ab, bleibt aber bis zum Öffnen der Konserve weitgehend konstant. Denn die Vitamin abbauenden Enzyme wurden bei der starken Erhitzung vernichtet. Im lange gelagerten «Frisch»-Gemüse dagegen können sie ihr zerstörerisches Werk noch tagelang fortsetzen. Der Konsum von Dosengemüse ist viel besser als der Verzicht auf pflanzliche Lebensmittel, übrigens auch deshalb, weil die Lagerung keine zusätzliche Energie benötigt, wie es beim Tiefkühlen der Fall ist. Das gilt natürlich auch für selbst eingemachte Lebensmittel. Viel Spass beim Ausprobieren und späteren stolzen Bestaunen!