Selber einen Kuchen backen? Aber ja doch! Gesagt, getan. Ich war damals etwa zwölf Jahre alt und kam beim Durchblättern des legendären Backbuchs von Betty Bossi auf diese Idee. Der ausgewählte Gugelhopf sollte meiner Mutter am Muttertag Freude bereiten. Natürlich erlaubte sie mir den Backversuch und ich durfte die Zutaten dafür einkaufen. Aber dann ging alles schief, sprich, ich machte Fehler. Mit viel Freude rührte ich den Teig und probierte immer wieder. Von der schaumig geschlagenen Butter-Zuckermischung, danach von der Butter-Zuckermischung mit Eiern und überhaupt, Step by Step, von allem, bis der Teig endlich fertig zubereitet war.
Dass ich damit nur gut den Boden der Gugelhopfform befüllen konnte, erschien mir etwas seltsam. Dennoch schob ich mein Werk enthusiastisch in den Backofen und bat meinen Vater darum, mir beim Herausnehmen nach der angegebenen Backzeit zu helfen. Die Angst vor dem Ofen mit den vier sehr heissen Wänden war gross. Ich merkte dann, dass mein Gugelhopf schon deutlich vor dieser Zeit sehr dunkel zu werden begann und musste ihn deshalb selbst aus dem Ofen nehmen. Doofes Rezept, dachte ich, nicht mal die Backzeit stimmte.
Den Kommentar meiner nicht sehr begeisterten Mutter vergesse ich nie: «Bei mir wird der Kuchen immer viermal so gross.» Dafür habe ich etwas fürs Leben gelernt. Zum Beispiel, dass eine kleinere Teigmenge eine kürzere Backzeit benötigt als eine grössere. Dass die Zutaten nur dann einen Kuchen wie auf dem Rezeptbild ergeben, wenn man lediglich die Schüssel und die Kelle ableckt, nicht aber, wenn man löffelweise Teig isst. So war ich bei meinen eigenen Kindern immerhin vorgewarnt. Wenn ich sie für die ganze Familie oder sogar für Gäste backen lasse, kaufe ich die anderthalbfache oder gar doppelte Menge Zutaten ein. Und lasse die Kinder rechnen.
Zutaten abwiegen, halbieren, verdoppeln. Das hilft ihnen beim Lernen von Mengen, Grössen und verbessert nebenbei ihre mathematischen Fähigkeiten. So dürfen sie kosten, wenn sie mögen. Roher Teig schmeckt nun mal fein, auch ich finde ihn heute noch manchmal besser als das gebackene Endprodukt. Ich wähle die frischesten Eier aus, damit sie problemlos roh gegessen werden dürfen. Meine Kinder wissen aber auch, dass sie bei der Teigzubereitung nur so lange trödeln dürfen, bis das Backpulver hinzukommt, weil sonst der Teig nicht mehr luftig wird.
Gute Ofenhandschuhe schützen Kinderarme bis zu den Ellbogen, und sonst helfe ich gerne beim Herausnehmen des fertigen Gebäcks. Ich delegiere das Backen heute gerne an meine Kinder. Es ist sehr zeitsparend, wenn sie einander den Geburtstagskuchen backen können. Oder einen Kuchen für den Elternabend, den Bazar, das Klassenlager ... Wenn Mami keine Zeit hat, ist dies weit besser, als zu einem Fertigcake zu greifen. Jungs backen übrigens genauso gerne wie Mädchen. Mein Sohn hat schon feststellen können, dass Männer, die kochen und backen können, bei jungen Frauen besser ankommen. Die Frage, ob selbst Gebackenes gesund ist, möchte ich nicht abschliessend beurteilen.
Kohlenhydrate sind per se nicht lebensnotwendig, wer aber viel Sport treibt, darf sich ruhig ein Stück Kuchen gönnen. Ob roher Teig oder fertiges Gebäck: Es ist in beiden Fällen kohlenhydratreich, zuckerreich und deshalb ein Genussmittel. Sprich, man sollte aufhören, wenn es am besten schmeckt. Vor dem schlechten Gewissen. Andererseits dürfen Bedürfnisse und Gelüste auch mal gestillt werden. Sie treten dann nicht gleich wieder auf, denn ein einmal richtig gestilltes Bedürfnis kann abgelegt werden. Geniessen wir deshalb den Muttertag, auch wenn ich viel lieber mal ein spontanes «Danke» zu hören bekomme als eins, das nur an diesem einen Tag ausgesprochen wird.