Um ein mögliches Missverständnis gleich zu Beginn zu vermeiden: Nein, nach Curry schmecken die gleichnamigen Blätter nicht wirklich. Aber dennoch sind sie in Südindien und Sri Lanka fast immer Teil von Currymischungen. Es handelt sich dabei um die Blätter des Currybaums, auch Orangenraute genannt, einen kleinen, Laub abwerfenden Baum, der in den Ausläufern des Himalayas, in vielen Teilen Indiens, im Norden Thailands und auf Sri Lanka heimisch ist. Dank des dort herrschenden tropischen Klimas können die Blätter das ganze Jahr über geerntet werden und gelangen so frisch auf die Märkte. Um Farbe und Aroma auch während längeren Transporten bewahren zu können, werden sie meist gefriergetrocknet. Leicht zerdrückt verströmen frische Blätter einen kräftigen, moschusartigen, würzigen Duft und schmecken leicht bitter und zitrusartig. Und so werden die Blätter__ – etwa in Currys oder Chutneys – in der Regel auch mitgegessen, denn sie dienen als höchst ergiebiger Geschmacksspender. In Südindien macht man davon ausgiebig Gebrauch, analog dem Koriander im nördlichen Teil des Landes. Die Fisch- oder Fleischcurrys in Kerala und Tamil Nadu kommen meist nicht ohne aus; verarbeitet man die Blätter nicht eh schon in der Würzmischung, gibt man sie kurz vor dem Servieren in die Sauce. Häufig brät man sie in Ghee oder Öl, meist zusammen mit schwarzer Senfsaat, Chilis und Zwiebeln (aber auch mit Zimt, Kardamom, Koriandersamen – die Möglichkeiten sind fast unbegrenzt) scharf an, was den Geschmack der Gewürze merklich intensiviert und für eine leicht rauchige, erdige Note sorgt. Diese brutzelnde, heiss zischende Mischung wird in letzter Sekunde bevorzugt auf Linsengerichte (Dal), Chutneys, Pickles und Relishes gegossen und verrührt.
Frische Curryblätter findet man bei uns in der Regel nicht lose, sondern am Stiel, meist tiefgefroren in gut sortierten Asialäden. Aber noch eine Warnung zum Schluss: Obwohl man in den Gewürzregalen dieser Shops fast immer auch getrocknete Curryblätter findet: Finger weg! Man kann sie zwar in Massen ins Curry schmeissen, doch das kann man sich getrost sparen – getrocknete Curryblätter haben wirklich keinerlei Aroma.