Wie man es dreht und wendet: Der Dry Martini ist der berühmteste Cocktail der Welt. Stark, puristisch, eiskalt, ästhetisch und der lebende Beweis dafür, dass der Schlüssel zur Perfektion meistens in der Einfachheit liegt. Gin und trockener Wermut, garniert mit einer Olive, serviert in einem konischen Cocktailglas mit langem Stiel. Das Spannende am Martini ist nicht seine Entstehungsgeschichte – vermutlich hat er sich irgendwo in New York aus dem «Martinez» (süsser Wermut mit Gin) entwickelt –, sondern die schiere Menge an Geschichte, mit welcher dieser Drink seit seiner Geburt aufgeladen wurde. Während der Prohibition war Gin die vielleicht am meisten verbreitete illegale Spirituose, da er vergleichsweise leicht herzustellen war. Mit dem Ende des Verbots begann auch der Siegeszug des Martini. Das Mischverhältnis änderte sich dabei ständig: Frühe Martinis wurden zu gleichen Teilen aus Gin und süssem Wermut gemixt, doch der Gin wurde immer besser und die Martinis stärker, trockener.
«Trocken» hat bei einem Martini übrigens nichts mit der Art des verwendeten Wermuts zu tun; vielmehr bedeutet es: «weniger Wermut!». Bei trockenen Martinis ist das Gin-Wermut-Verhältnis 6 zu 1, staubtrocken heisst 12 zu 1, Hemingway trank seinen im Verhältnis 15 zu 1 und bei Winston Churchill heisst es, er habe einfach nur die Flasche Wermut am anderen Ende des Raums angeschaut, während er sich seinen Gin eingeschenkt hat. Für wahre Puristen ist der wohl berühmteste Martinitrinker der Welt, James Bond, alles andere als ein Vorbild. Denn 007 ersetzt den wacholderwürzigen Gin meist durch geschmacksarmen Wodka und mag ihn geschüttelt, nicht gerührt; Rührer würden nicht einmal im Traum daran denken, ihren Gin durch das Herumschleudern zu «verletzen» und ihn dadurch zu trüben. Denn erst der kristallklare Anblick macht für sie den Martini zur unsterblichen Ikone.