Was, du isst so etwas? Die Frage betrifft meine Bestellung eines Rindfleischtatars im Restaurant. Ja, und sogar gerne. Nur weil ich Lebensmittelwissenschaften studiert habe, bedeutet dies nicht, dass ich keine Freude am Essen hätte oder Panik vor sämtlichen Bakterien, die sich auf meinem Teller tummeln könnten. Gerade weil ich einmal ganz viel über Mikrobiologie gelernt habe, traue ich es mir zu, die möglichen vorhandenen Risiken abschätzen zu können. Da ich weder schwanger noch ein Kleinkind noch ein gebrechlicher Senior bin, traue ich meinem Immunsystem auch zu, durchaus mit den einen oder anderen eventuell vorhandenen Krankheitserregern klarzukommen, die durchs Erhitzen abgetötet würden. Ein Tatar oder Carpaccio wird aus hochwertigem Muskelfleisch wie Filet zubereitet und ist fett- und kalorienarm.
Rohes Fleisch ist reich an Vitaminen wie Niacin, B1, B2 und Vitamin B12. Sie alle gehören zu den wichtigen Nervenvitaminen. Eine Studie, die im November 2010 im Journal of the Pakistan Medical Association veröffentlicht wurde, zeigte auf, dass die Vitamine B1, B2 und Niacin nach einer Kochzeit von rund 15 Minuten um ein Viertel bis ein Drittel reduziert wurden. Ausserdem sind alle B-Vitamine wasserlöslich und gehen beim Kochen mehr oder weniger in das Kochwasser über. Deshalb enthält ein Tatar deutlich mehr wertvolle B-Vitamine als ein Ragout oder Siedfleisch.
Allerdings esse ich ein Tatar nur in einem Restaurant, das für seine Tatars bekannt und gut besucht ist – und dessen Toiletten einen sauberen Eindruck machen. Da kann ich davon ausgehen, dass es sich um frisches Fleisch handelt und hygienisch alles einwandfrei abläuft. Tatsächlich kann der Genuss von rohem Fleisch und Fisch heikel sein. Möchten Sie die Gerichte mit solchen Zutaten daheim zubereiten, sollten Sie beim Metzger oder Fischverkäufer Ihres Vertrauens einkaufen und sagen, wozu Sie das rohe Fleisch oder den rohen Fisch verwenden möchten. Filet für Carpaccio oder Tatar und Fisch in Sushi- oder Sashimiqualität. Erhalten Sie dies nicht, ist es besser, auf ein Rezept auszuweichen, bei dem der rohe Fisch erhitzt wird. Auch geräucherter Lachs ist übrigens roh. Dass er heikel ist, hat die erst kürzlich stattgefundene grosse Rückrufaktion verschiedener Lachsprodukte bewiesen: Sie alle waren mit Listerien verseucht. Diese Bakterien sind bei allen Nutztieren weit verbreitet. Sie lassen sich deshalb manchmal in Rohmilch und Rohmilchprodukten, rohem Fleisch und Fisch nachweisen. Besonders gefährlich ist eine Listeriose für schwangere Frauen. Während der Schwangerschaft sollten deshalb nur gut durchgebratenes oder gegartes Fleisch und Fisch gegessen werden. Auch die sogenannte Toxoplasmose gondii wird unter anderem über rohe Fleischwaren, vorwiegend von Rind und Schaf, übertragen. Nach einer Infektion besteht lebenslange Immunität. Eine Toxoplasmose verläuft meist ohne Symptome oder wie eine leichte Grippe, kann das Baby im Mutterleib aber gefährden. Nach Schätzungen ist jede 440. Fehlgeburt/Frühgeburt/ Missbildung auf Toxoplasmose zurückzuführen. Schwangere Frauen, die keine Antikörper haben (Routinetest beim Arzt), sollten rohe und halbrohe Fleischwaren, Fische und Meeresfrüchte meiden. Wer bereits toxoplasmosepositiv ist, braucht keine besonderen Massnahmen zu ergreifen, ausser den Hygienemassnahmen, die generell im Umgang mit Lebensmitteln gelten. Sowieso dauert eine Schwangerschaft ja nur neun Monate. Danach sind hygienisch zubereitete Carpaccios und Tatars wieder bedenkenlos erlaubt.